Das Vermächtnis von Bruder Ruijs

eine fantastische Sammlung in den Niederlanden wird aufgelöst

In memoriam "Bruder Ruijs"

A. C. Ruijs, von jedermann nur Broer Ruijs (auf Deutsch: Bruder Ruijs, gesprochen „Reus“) genannt, war ein weit über jede Club- und Markengrenzen hinaus bekannter Oldtimerfreund und -sammler in den Niederlanden. Von Haus aus Taxiunternehmer, hatte er eine gewissermaßen naturgegebene Affinität zu Kraftfahrzeugen aller Art. Seit den 1960er Jahren sammelte er bevorzugt amerikanische Personenwagen. Selbst mehrere dieser „Straßenkreuzer“, die er noch ganz regulär als Taxen und für Chauffeurdienste angeschafft und eingesetzt hatte, wurden durch reinen Zeitablauf zu Oldtimern – und zu Teilen seiner Sammlung. Noch heute bezeugen diverse Chevy Impalas aus den 1960er Jahren, ein 1947er De Soto und verschiedene Pkw der Marke Willys Overland – eher durch den unsterblichen Jeep bekanntgeworden – diese Leidenschaft.

Das Jahr 1994 brachte eine dramatische Zäsur: Die Ruijs´sche Fahrzeughalle brannte ab, nur wenige Autos der Sammlung, die mehrere Dutzend Fahrzeuge umfasst hatte, überlebten. Bruder Ruijs, der an einer Augenerkrankung litt und bereits große Teile seines Sehvermögens eingebüßt hatte, konnte jedoch von den alten Mobilien nicht lassen, wollte aber zugleich nicht wieder Objekte aufbauen, von denen jedes einzelne aufgrund seiner schieren Größe und Komplexität mehrere Jahre an Restaurierungsaufwand erforderte. Und so kam er zu seinen Motorrädern und -rollern. Fast erblindet, musste Bruder Ruijs sich der Mithilfe von Angestellten und Oldtimerfreunden versichern, die die mechanischen Arbeiten an den Restaurierungsobjekten verrichteten und ihn bei Farbauswahl und Lackierung unterstützten. Umso ausgeprägter war sein Tastsinn, und seine beiden Söhne Pedro und Ted berichten, wie streng er sein konnte, wenn es um das Finish einer zu lackierenden Oberfläche ging. Noch einmal verzinnen, noch eine Lage Feinspachtel, noch ein Schliff mit feinstem Schleifleinen – da war Bruder Ruijs unerbittlich, und das sieht man seinen zwei- und vierrädrigen Schätzen heute noch an.

Die Sammlung, die er über Jahrzehnte zusammengetragen hat, verzettelt sich nicht in Beliebigkeit, sondern setzt einige überschaubare Schwerpunkte: Die englischen Marken Ariel und Matchless nebst AJS hatten es ihm bei den schweren Motorrädern besonders angetan. Bei den leichteren Alltagsmaschinen faszinierten insbesondere die deutschen Fabrikate aus den Häusern NSU, Ardie, Express, TWN und DKW, daneben aber auch die österreichische Qualitätsarbeit von Puch. Eigenkonstruktionen und sogenannte „konfektionierte“ Motorräder mit Einbaumotoren von ILO, Sachs u. a. standen damals in der Wahrnehmung der Verbraucher gleichberechtigt nebeneinander. Und auch die niederländischen Hersteller, normalerweise auf die dort sogenannten „Broomfietsen“, also Mopeds und Kleinkrafträder, fokussiert, wagten sich wie bspw. Sparta in höhere Hubraumklassen vor.

Schließlich finden sich in Bruder Ruijs´ Kollektion noch ein reichliches Dutzend Motorroller, die von Dürkopp Diana und Heinkel Tourist – jeweils vier Stück in repäsentativem Farbenmix – dominiert werden. Aber auch englische Triumph Tigress und deutsche Triumph Contessa sowie tschechoslowakische Tatran-Roller geben sich ein Stelldichein.

Die Zweiradsammlung wäre nicht komplett ohne die für die Niederlande so typischen 50er, und da tauchen neben den heimischen Marken Sparta und Batavus auch einige Kreidler und Zündapp auf. Eine Merini mit Reibrollenantrieb des Vorderrades – nach Machart der weltbekannten Velosolex – setzt einen gleichermaßen charmanten wie exotischen Akzent.

Bruder Ruijs segnete im Jahre 2012 hochbetagt das Zeitliche. Seine Kinder haben sich Zeit damit gelassen, über den Verbleib seiner Sammlung nachzudenken. Nun werden die Fahrzeuge im Rahmen von privaten Besichtigungs- und Gebotsterminen behutsam vermarktet – keine dubiosen Händler sollen unter Gewinnaspekten die Sammlung in alle Himmelsrichtungen zerstreuen, vielmehr sollen die Pretiosen nach Möglichkeit in die Hände liebevoller Enthusiasten gelangen, von denen man sich vor Ort und im persönlichen Gespräch ein Bild machen will. Der Verfasser dieser Zeilen hat den Weg nach Veghel in den Niederlanden nicht gescheut und eindrucksvolle Eindrücke gesammelt – sollte sich der makellose Eindruck, den die Fahrzeuge in ihrem äußerlichen Finish machen, auch bei der Qualität der mechanischen Aufarbeitung bestätigen, so wird man absolute Spitzenware erhalten. Auch die noch vorhandenen Automobile stehen übrigens zum Verkauf. Leider haben die beiden Ruijs-Söhne Pedro und Ted nicht die Möglichkeit, alle Fahrzeuge in betriebsbereitem Zustand vorzuführen – und so wird der Erwerber ein Stück weit auch die sprichwörtliche „Katze im Sack“ kaufen müssen. Für den nicht ganz unbegabten Hobbyschrauber ist das aber eher Ansporn als Abschreckung, und es steht zu erwarten, dass man auch bei den Prachtexemplaren der Sammlung mit moderaten Angeboten zum Zuge kommt.

Nach dem Besichtigungstermin am vergangenen Sonntag, den 18. Mai, steht am kommenden Sonntag, den 25. Mai 2014, eine weitere Gelegenheit der Besichtigung zur Verfügung. Erst dann nehmen die Ruijs-Brüder Angebote entgegen und wollen abwägen, ob und wem sie die Zuschläge erteilen. Dieses Verfahren mag unvollkommen und unprofessionell anmuten, zumal nicht klar ist, welche Ratgeber sie bei der Preisentscheidung zu Rate ziehen; auch werden sie die Fahrzeuge nicht unter Wert an irgendwelche „Kriegsgewinnler“ verscherbeln.

Wer aber ernsthaftes Interesse an einem der durchweg hochinteressanten Fahrzeuge hat, der wird auch mit der notwendigen Nachdrücklichkeit und Verhandlungsbereitschaft in die Verkaufsgespräche gehen und dabei sicherlich zufriedenstellende Ergebnisse erzielen können.

In diesem Sinne: Auf nach Veghel – den Mutigen gehört die Welt! Mehr Infos zur Sammlung finden Sie hier!

Von unserem Britbike-Experten Jan-Hendrik Wolf

Gerne können wir einen persönlichen Kontakt herstellen.

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